Projektbeschreibung
Holzvergasung ist ein verfahrenstechnischer Prozess der Teilverbrennung, um aus Holz das brennbare Holzgas zu gewinnen. So lässt sich aus einem nachwachsenden, CO2-neutralen Energieträger dezentral Strom und Wärme gewinnen. Ziel des Projekts ist die Entwicklung von anwendungsnahen Computermodellen, die den Vergasungsprozess von Holz in kleinen Kraft-Wärmekoppelungsanlagen (KWKs) abbilden. Sie sollen später für das Design, die Optimierung sowie die Automatisierung von Holzgas-KWKs verwendet werden.
In der Schweiz könnten laut dem Verein “Holzenergie Schweiz” zusätzlich etwa 3 Mio. m3 Holz pro Jahr für dezentrale Kraft-Wärmekoppelung genutzt werden. Dies entspricht 350 Anlagen à 1.0 MWel mit der Gesamtleistung eines kleinen AKWs. Eine in 2007 veröffentlichte Studie der EMPA Dübendorf bescheinigt der energetischen Nutzung von heimischen Hölzern bzw. von Altholz eine gute Umweltverträglichkeit. Elektrische Wirkungsgrade von holzgasbasierten KWK-Anlagen sind momentan noch klein. Deshalb ist es unabdingbar, die als Nebenprodukt entstehende Wärme sinnvoll zu nutzen. Wesentlich höhere elektrische Wirkungsgrade könnten erzielt werden, würde die Verstromung von Holz über Brennstoffzellen erfolgen. Hochtemperatur-Brennstoffzellenheizgeräte wie das seriennahe System der Hexis AG, Winterthur, werden momentan in Feldtestversuchen mit Erdgas betrieben. Am PSI Villigen durchgeführte Versuche zeigen jedoch, dass ein Holzgasbetrieb möglich ist.
Was ist das Besondere an diesem Projekt?
Das Projekt steht im Kontext einer effizienten, umweltschonenden Energieversorgung. Projektziel sind Computermodelle, die den Holzvergasungsprozess als Verfahren zur dezentralen Strom- und Wärmegewinnung abbilden. Diese Modelle sollen später die Entwicklung neuer Anlagen bzw. die Optimierung bestehender Pilotanlagen vorantreiben, die den heimischen, CO2-neutralen Energieträger Holz als Brennstoff nutzen. Damit schlägt das Projekt eine Brücke zwischen Grundlagenforschung im Bereich der Biomassevergasung und Anwendungen der Holzvergasertechnologie im kleinen Massstab. Da in diesem Leistungsbereich die Anlagen- und Prozesstechnik noch nicht ausgereift ist, ist das Innovationspotential entsprechend hoch. Ausserdem öffnet diese Art der Stromproduktion den Energiemarkt für kleine Erzeuger - beispielsweise für Gemeinden sowie land- und forstwirtschaftliche Betriebe.
Stand/Resultate
2009: Der für die Modellvalidierung benötigte Experimentalvergaser mit einer thermischen Leistung von rund 10 kW konnte gefertigt und in Betrieb genommen werden. Aufgrund von Schwierigkeiten im Holzschnitzeltransport war zunächst nur ein Batchbetrieb möglich. Jedoch konnten ab Juli 2009 Messungen durchgeführt, erste globale Massen- und Energiebilanzen ausgewertet und unser «Globales Holzvergasermodell» validiert werden.
2010: Der Schnitzeltransport wurde optimiert, was schliesslich den kontinuierlichen, stationären Betrieb des Reaktors ermöglichte. Der von uns entwickelte Experimentalvergaser wird nach dem «Upside-Downdraft» Prinzip betrieben. Im Gegensatz zu dem bei Gleichstromvergasern sonst üblichen Beschicken von oben, wird hier die benötigte Luft (als Oxidationsmittel) und die Holzschnitzel (als Brennstoff) von unten zugeführt. Diese Betriebsart hat den Vorteil, dass ein Gitterrost zur vertikalen Stabilisierung der Schüttung nicht benötigt wird. So ist ein kontinuierlicher Betrieb für praktisch beliebige, holzartige Brennstoffe möglich. Der Experimentalvergaser kann neben der Modellvalidierung auch für die Charakterisierung von Brennstoffen verwendet werden. Ein Modell für die Reduktionszone wurde entwickelt, das die Partikelbewegung in einem Gleichstromvergaser mit Gitterrost beschreibt. Das Modell von Ch. Meier und R. Axthelm zeigte überraschend, dass der Durchsatz eines Gleichstromvergasers mit Gitterrost linear mit der Höhe der Reduktionszone zunimmt. Ausserdem wurde das Potential der Holzgastechnologie zur Bereitstellung eines CO2-neutralen Brennstoffs, der in Hochtemperatur-Brennstoffzellen in Wärme und Strom umgewandelt wird, auf der Modval7-«Symposium on Modeling and Validation of Fuel Cells» im März 2010 präsentiert.
2011-2012: Das Projekt lief mit etwas verringerter Intensität weiter. Es wurden Modelle konsolidiert, optimiert und neue Modellierungsideen aufgegriffen. Die Arbeit an einem, Finite-Volumen basierten Partikelmodell, in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich wurde, im Zuge einer Studentenarbeit aufgenommen. Die Projektlaufzeit wurde unter freundlicher Zustimmung der GRS bis Ende 2013 verlängert.
2013: Das Projekt konnte mit Nachdruck zu einem erfreulichen Abschluss geführt werden. Zwei Mehrphasenmodelle auf «Partikelmassstab» wurden entwickelt. Diese simulieren bewiesenermassen, qualitativ stimmig, die gesamte «Lebenszeit» eines beliebigen, vergasenden Holzpartikels, in aussergewöhnlich hohem Detailgrad. Die Modelle ermöglichen nun erstmals, eine konsistente, durchgehend logische, hoch dynamische Modellierung sämtlicher, thermo- fluidmechanisch relevanter Vergasungs- und Verbrennungseffekte und werden künftig industriellen Einsatz finden können. Ein grosser Erfolg des Projekts besteht u.a. darin, dass bewiesen werden konnte, dass ein 1D Einzelpartikelmodell die, sehr aufwendige, Umsetzung einer vollen 3D Lösung des Problems, technisch ersetzen kann. Die Entwicklung und Konstruktion eines weiterentwickelten Experimentalvergasers konnte ebenfalls erfolgreich durchgeführt werden. Experimentelle, sowie literaturbezogene Modellvalidierungen gelangen.
Das Gesamtprojekt erzielte am Institute of Computational Physics eine starke, systemisch positive Wirkung, führte zu weiterer Vernetzung mit Industriepartnern, neuen Ansätzen für Lehre und Forschung, personeller Aufstockung und zahlreichen, indirekten Folgeprojekten.
Aus dem Projekt ging seit 2009 ein Total von 24 Arbeitsberichten, Konferenzbeiträgen, Fachpublikationen, Studienarbeiten und Artikel hervor.
Publikationen
F. Senn und D. Wenger, «Entwicklung eines mit Holzschnitzel betriebenen Experimentalvergasers im Kilowattbereich nach dem Upside-Downdraft Prinzip», Projektarbeit Maschinentechnik ZHAW, Mai 2009;
M. Weiss und F. Senn, «Inbetriebnahme und Analyse des ZHAW Experimentalvergasers», Bachelorarbeit Maschinentechnik ZHAW, August 2009.
C. Roffler «Analyse und Modellierung des ZHAW Experimentalvergasers», Bachelorarbeit Maschinentechnik ZHAW, August 2009;
P. Specker und S. Wolff, «Optimierung des Holzschnitzeltransports im ZHAW Experimentalvergaser», Projektarbeit Maschinentechnik ZHAW, Januar 2010;
P. Specker und S. Wolff, «Regelung und stationärer Betrieb des ZHAW Experimentalvergasers mit verschiedenen holzartigen Brennstoffen», Projektarbeit Maschinentechnik ZHAW, Juli 2010;
C. Meier and T. Hocker, «Modeling of Fixed-Bed Wood Gasifiers for Combined Heat and Power Applications», Modval7 Symposium on Modeling and Validation of Fuel Cells, Morges, March 2010;
Demobetrieb des ZHAW Experimental-Holzvergasers auf dem Dach des Maschinenlaboratoriums an der Winterthurer «Nacht der Technik», 18. Juni 2010.
T. Ott und C. Ritschard, «Bau und Inbetriebnahme eines Holzvergasungsreaktors», Bachelorarbeit Maschinentechnik ZHAW, Laufend: Februar 2014-Juni 2014.
T. Ott und C. Ritschard, «Entwicklung und Konstruktion eines Holzvergasungsreaktors», Projektarbeit Maschinentechnik ZHAW, Winterthur, Dezember 2013.
G. Boiger, «Towards full 3D modeling of wood gasification processes, 1st step: Fully featured 1D thermo- fluid dynamic solver for particle gasification», ZHAW-ICP Kolloquium, Winterthur, September 2013.
G. Boiger and Ch. Meier, «A thermo fluid dynamic model of wood particle gasification- and combustion processes», 8th International Conference of Multiphysics, MC13024, Amsterdam, December 2013.
Ch. Meier, «Thermochemical Conversion of Wood Particles», Studienarbeit, ETH Zürich, Zürich, Dezember 2013.
G. Boiger, (2014). A thermo fluid dynamic model of wood particle gasification- and combustion processes, ICP Institute of Computational Physics, School of Engineering, Zurich University of Applied Sciences, Winterthur, Switzerland. Int. Journal of Multiphysics, Article in review since January 2014
Medienecho
Klimaschutzpreis 2007 von myblueplanet und der Johann Jacob Rieter-Stiftung mit kurzen Artikeln im Winterthurer Landboten und im Zürcher Tagesanzeiger.
2007 von myblueplanet und der Johann Jacob Rieter-Stiftung mit kurzen Artikeln im Winterthurer Landboten und im Zürcher Tagesanzeiger:
http://www.myblueplanet.ch/
Links
Am Projekt beteiligte Personen
Letzte Aktualisierung dieser Projektdarstellung 12.10.2018