Projektbeschreibung
Moderne Kunst und Industriekultur im ländlichen Alltag vermitteln.
Die Heinrich Gebert Kulturstiftung Appenzell (HEGEKA) zeigt und vermittelt Kunst der Klassischen Moderne, der Gegenwartskunst und der regionalen Maler Carl August und Carl Walter Liner sowie verschiedene Bereiche der E-Musik. Die dynamische Kulturinstitution hat den Auftrag, in einer eher ländlichen Region moderne Kunst & Kultur und das mit diesen verbundene Wissen & Können zu vermitteln. Um diese pädagogische und soziale Leistung zu erbringen, wurden angemessene und innovative Instrumente bzw. Strukturen der Kunstvermittlung entwickelt. Die besondere „Randlage“ des Kunstmuseums Appenzell / der Kunsthalle Ziegelhütte bedingt andere Formen der Kulturvermittlung – auch jene einer indirekten via Social Media und bezahlter Pressearbeit. Diese für das Publikum kostenlose Leistung ist eine notwendige Investition, um das Bewusstsein, das „moderne Kultur“ zur zeitgemässen Identität gehört, zu schärfen. Moderne Kunst und Kultur werden mit diesem Projekt als ein notwendiger Teil der umfassenden kulturellen, auch regional verankerten Identität vermittelt. Aufgrund der spezifischen «Randlage» soll nicht einfach auf grossstädtische und bildungsbürgerliche Instrumente oder Vorbilder zurückgegriffen werden. Vorbildhaft für ähnlich situierte Institutionen wird eine nachhaltige, kostengünstige und zielgerichtete Vermittlungsstrategie weiterentwickelt.
Ziel: Die kulturelle Wissensvermittlung findet in den Kommunikationsmedien (Zeitungen / Social Media etc.) statt. Damit soll das Zielpublikum (Kinder, Jugendliche, Erwachsene) motiviert werden, sich mit den konkreten Vermittlungsangeboten in den Institutionen zu beschäftigen. Diese bleiben weiterhin zur Hälfte profitorientiert und Non-Profit-Tasks. Die Angebote bleiben interdisziplinär: Musik, Kunst und Literatur sowie Architekturgeschichte.
Was ist das Besondere an diesem Projekt?
Neben den festen Angeboten einer museal orientierten Pädagogik (Führungen, Kurzvorträge, Museumsatelier) hat sich gezeigt, dass man gerade im nichtstädtischen Bereich teilweise erst die Grundlagen schaffen muss, um Hochkultur niederschwellig zu vermitteln. Deswegen rückt – entgegen der Erwartung – der Aspekt Öffentlichkeitsarbeit ins Zentrum. Hier ist das durchaus als «öffentliche Arbeit» gedacht. Das heisst, Marketingkampagnen u.ä. sollen nicht locken, sondern mitteilen.
Diese Mitteilungen beziehen sich auf vermittelte Inhalte und sorgen für eine grössere Transparenz jener Arbeiten, die mit Kulturinstitutionen verbunden sind. Museen sind ja nicht nur Präsentationsorte, sondern heute vor allem Kommunikationsorte und gesellschaftliche Bedeutungsträger. Dies soll mit Innovationen in einer angepassten Medienstrategie erprobt werden. Daran schliesst sich dann die konkrete Kunstvermittlung an.
Stand/Resultate
Kunstpädagogin Annina Thomann hat die grundlegenden Strukturen der Kulturvermittlung eingerichtet. Im Verlauf dieser Strukturierung hat sich ergeben, dass eine im ländlichen Gebiet gelegene Institution zwar relativ einfach mit Schulen der Nachbarschaft kooperieren kann. Um eine grössere Breitenwirkung zu erzielen, müssen aber – neben innovativen Ideen – andere Instrumente eingesetzt werden, die hauptsächlich die zeitgenössische Kommunikationswirklichkeit integrieren.
Die Verschränkung von Kulturpädagogik mit den Bedingungen der Informationsgesellschaft ist noch immer Neuland, da bisher «interaktive Spielereien» im Vordergrund standen. Jetzt möchten wir ein «responsives System» erproben, in dem sowohl Kulturanbieter, darunter auch KünstlerInnen, wie auch Rezipienten gleichberechtigt sind. Nicht die Kulturinstitution verlangt, dass auf ihr Angebot angemessen reagiert wird, sondern sie reagiert selbst auf die Bedürfnisse der möglichen Interessengruppen. Kulturvermittlung soll auf dem hohen Niveau stattfinden, das den Erfordernissen der heutigen Welt entspricht.
Im Bereich «Social Media» funktionieren direkte Ansprachen am besten; alle Mitteilungen, die über die reine Information hinausgehen – dann partizipieren die «Freunde» (im Moment über 1000). Grundlage sind aber auch Ausstellungen (Konzerte), die per se partizipativ angelegt sind, d.h. die das Publikum (Besucher, Schulen, Kinder und Erwachsene) unmittelbar zum «Handeln» auffordern. «Handeln» umfasst dabei sowohl den Nachvollzug kreativen Tuns wie auch das eigene schöpferische Denken. Der Resonanzraum für Kultur- und Wissensvermittlung vergrössert sich proportional zu den Möglichkeiten der Besucher, aktiv mitzugestalten. Die Schwierigkeit bleibt, eine Balance zwischen zerstreuendem «Kulturerlebnis» und konzentrierter und nachhaltiger «Wissensvermittlung» zu halten.
Die skizzierten Zwischenresultate führen zu Überlegungen, in einem der beiden Häuser der HEGEKA (Kunstmuseum Appenzell/Kunsthalle Ziegelhütte) mehr und mehr Projekte zu entwickeln, die von Spezialisten, Team und «Besuchern» gemeinsam erarbeitet werden.
Publikationen
NZZ am Sonntag
Im Spiegelkabinett, 1.4.2017
Andrea Hausmann, Linda Frenzel (HG.), Kunstvermittlung 2.0: Neue Medien und ihre Potenziale, Berlin 2014;
Tanja Binder, Kunstvermittlung im Museum: Jugendliche mit Social Media für Kunst gewinnen, Berlin 2014;
MOVISIE
Kunst als participatienmiddel. Een position paper, 24. Mai 2013;
Hans Scheurer / Ralf Spiller, Kultur 2.0, Neue Webstrategien für das Kulturmanagement im Zeitalter von Social Media, Bielefeld 2010.
Links
Am Projekt beteiligte Personen
Roland Scotti, Projektleiter, Kurator Heinrich Gebert Kulturstiftung Appenzell, Kunstmuseum Appenzell/Kunsthalle Ziegelhütte
Anna Beck-Wörner, Kunstpädagogin, Projektverantwortliche
Interne Projektmitarbeit
Claudia Reeb, administrative Leiterin, KMA
Temporäre Projektmitarbeit
Ursula Schmid, administrative Leiterin, KHZH
Martin Lucas Staub, Intendant, HEGEKA
Letzte Aktualisierung dieser Projektdarstellung 30.07.2020