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Projektdarstellungen auf der Webseite

Jedes von der Gebert Rüf Stiftung geförderte Projekt wird mit einer Webdarstellung zugänglich gemacht, die über die Kerndaten des Projektes informiert. Mit dieser öffentlichen Darstellung publiziert die Stiftung die erzielten Förderresultate und leistet einen Beitrag zur Kommunikation von Wissenschaft in die Gesellschaft.

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Sicherer und selbstfahrender Rollstuhl “SafeChair”

Redaktion

Für den Inhalt der Angaben zeichnet die Projektleitung verantwortlich.

Kooperation

Dieses von der Gebert Rüf Stiftung geförderte Projekt wird von folgenden weiteren Projektpartnern mitgetragen: Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Institut für Mechanische Systeme; Automotive Competence Network Schweiz; Berner Fachhochschule für Technik und Informatik Biel

Projektdaten

  • Projekt-Nr: GRS-024/05 
  • Förderbeitrag: CHF 321'250 
  • Bewilligung: 31.10.2005 
  • Dauer: 03.2006 - 07.2010 
  • Handlungsfeld:  Innovation an Fachhochschulen, 1998 - 2008

Projektleitung

Projektbeschreibung

Der SafeChair ist ein Projekt des Automotive Competence Network (ACN-CH) an den Schweizer Fachhochschulen. Das Projekt umfasst die Konzeption und die Entwicklung eines selbstfahrenden, elektrisch angetriebenen Rollstuhls. Das Besondere am SafeChair ist die Fähigkeit, Hindernisse wie einfache Treppen (eine bis mehrere Stufen) zu befahren. Der Rollstuhl wird zudem über eine unfallsichere Tragstruktur verfügen, die zusammen mit dem Sitz und der Anbindung im Fahrzeug dieselben Sicherheits-Standards wie Autositze erfüllen soll. Die Alltags- und die Funktionstauglichkeit darf bei allen gewohnten Anwendungen nicht eingeschränkt werden.

In seiner endgültigen Version soll der SafeChair ein wirtschaftlich konkurrenzfähiges, sicheres und technisch ausgereiftes Hilfsmittel für gehbehinderte Menschen sein, durch welches sie einen Teil ihrer eingeschränkten Bewegungsfreiheit und somit ihrer Selbstständigkeit zurückgewinnen.

Das vorliegende von der Gebert Rüf Stiftung finanzierte Projekt umfasst eine erweiterte kundenorientierte Machbarkeitsstudie und darauf basierend die Entwicklung und den Bau eines treppensteigenden Funktionsdemonstrators. Es soll die technische und wirtschaftliche Machbarkeit des SafeChair nachweisen. Dies ist ein notwendiger Entwicklungsschritt, um die angestrebte Serienentwicklung des SafeChair in Gang zu bringen.

Was ist das Besondere an diesem Projekt?

Von diesem Projekt ist eine ausgeprägte Signalwirkung zu erwarten, die zu weiteren Verbesserungen an Rollstühlen, wie auch bei der Mobilität der Behinderten generell führen soll.

Das Projekt fördert die Zusammenarbeit verschiedener Fachhochschulen an einer komplexen interdisziplinären Problemstellung, welche einen erfolgreichen Lösungsansatz erfordert, bevor die Industrie bereit ist, eine Serienentwicklung in Angriff zu nehmen. Der SafeChair eignet sich sehr gut für die Lehre, da hier grosse Innovationen an einem überschaubaren Objekt gefordert sind. Dies führte zu einer anhaltenden Reihe von Projekt- und Diplomarbeiten in diesem Themenbereich.

Stand/Resultate

Die in einem Abschlussbericht vorliegende, erste Machbarkeitsstudie hat sich mit der grundsätzlichen Bedarfsabklärung, einer Marktanalyse und der Definition der Anforderungen an einen Rollstuhl mit der angestrebten, erweiterten Funktionalität und den dabei resultierenden, offenen Fragen befasst. Sie zeigt zudem mögliche Lösungsansätze auf. Auf Grund der gewonnen Erkenntnisse wurde das Projekt zur Entwicklung eines Funktionsdemonstrators lanciert.

Für das Projekt SafeChair Funktionsdemonstrator wurde das Pflichtenheft mittels einer ausführlichen Umfrage bei verschiedenen Interessengruppen im Umfeld der Behinderten abgestimmt. Eine vertiefte Variantenstudie zu geeigneten Mechanismen für die Überwindung von Hindernissen wurde durchgeführt. Die rechnerischen Simulationen der Bewegungsabläufe lieferten wichtige Erkenntnisse, unter anderem über die Standsicherheit des Rollstuhls auf der Treppe, über die benötigten Antriebsmomente der Motoren und über die auf die Struktur wirkenden Kräfte. Aus drei untersuchten Konzepten wurde die Variante mit einem Hebelmechanismus an der Rollstuhlvorderseite zum Klettern ausgewählt. An der Rollstuhlhinterseite hilft ein über einen Ausleger mit dem Rollstuhlchassis verbundener, dreiarmiger Stern, den Rollstuhl anzuheben. Der Stand der gewonnen Erkenntnisse wurde in verschiedenen Berichten ausführlich dokumentiert.

Die Entwicklung und Konstruktion des Funktionsdemonstrators ist abgeschlossen. Das rollstuhlähnliche Gefährt entspricht in den Aussenmassen heute üblichen Elektrorollstühlen. Diese Zielvorgabe schränkte den Gestaltungsraum für die einzelnen Baugruppen erheblich ein und führte zu einer hohen Integration verschiedener Funktionen in teilweise recht komplexen Bauteilen.

Eine gesamte Fahrzeugmasse von 220 kg (Passagier 120 kg, Rollstuhl 100 kg) und der während des Klettervorgangs stark vergrösserte Radstand führen zu sehr hohen Belastungen der Tragstruktur und des Antriebs. Dies erforderte eine durchdachte Gestaltung der Tragstruktur sowie der Klettermechanismen und eine Dimensionierung des Antriebs auf sehr hohe Momente.

Das fachwerkartige Chassis besteht aus Hohlprofilen, die mit integralgefrästen Aluminiumknoten zusammengefügt sind. Einfache Schraub- und Steckkontakte verbinden die weiteren Baugruppen mit der Grundstruktur. Als Antriebe der einzelnen Bewegungsachsen dienen industriell eingesetzte Elektromotoren. Das Verwenden kommerziell erhältlicher Aktoren mit passenden Steuerungen reduzierte den Entwicklungsaufwand erheblich, da ein Funktionsdemonstrator noch nicht wie der Prototyp einer Serienversion konstruiert sein muss. Die Einzelteile des Klettermechanismus hingegen mussten funktionell optimal gestaltet werden und deshalb auch integral gefräst. Es galt, hohe Bauteilsteifigkeit und formschlüssige Verbindungen mit dünnwandigen leichten Komponenten zu erzielen. Verschiedene Getriebestufen mit Untersetzungsfaktoren von bis zu 180 reduzieren die für das Bewegen der einzelnen Arme des Hebelmechanismus nötigen Antriebsmomente auf ein mit handelsüblichen Elektromotoren realisierbare Werte.
Auf die Entwicklung und den Einbau eines realen Passagiersitzes wurde zur Limitierung des Aufwandes verzichtet. Im Insassenschwerpunkt platzierte Ersatzmassen simulieren die Gewichtsbelastung des Rollstuhls durch einen Menschen. Da beim Klettervorgang Chassis-Neigungen von bis zu 60 Grad denkbar sind, ist um Kippen zu vermeiden, ein Verschieben des Gesamtfahrzeugschwerpunktes in Abhängigkeit der Art und Form des Hindernisses unabdingbar. Dies geschieht durch Verändern der Position der Ersatzmassen in Fahrtrichtung gegenüber dem Chassis. Die Bewegungen der einzelnen Achsen der Antriebe werden in einem zweckmässigen Mix aus automatisierten Regelvorgängen und manuellen Eingriffen gesteuert. Das Entwickeln einer übergeordneten Steuerung und Regelung mit den dafür erforderlichen Sensoren erfolgt erst beim Bau eines Prototyps. Dabei dient der Funktionsdemonstrator als Laborplattform für das Testen unterschiedlicher Steuerkonzepte und Betriebsabläufe.

Mit der Fertigstellung des SafeChair-Funktionsdemonstrators ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu mehr autonomer Bewegungsfreiheit für gehbehinderte Menschen erreicht worden. Der Demonstrator dient als Basis für das Beurteilen der technischen Machbarkeit eines treppensteigenden Rollstuhls am realen Objekt und ist deshalb ein unverzichtbarer Vorreiter für eine mögliche Serienumsetzung. Die gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse im Laufe der Entwicklung und der Tests bilden eine wichtige Grundlage zur Verbesserung von Schwachpunkten, zum Vergleich von Lösungsansätzen und zum Definieren von Anforderungen sowie Pflichtenheften für einzelne Baugruppen und Komponenten für die Weiterentwicklung. Zudem lässt sich der kommerzielle Rahmen einer Serienentwicklung genauer definieren und die damit verbundenen Risiken lassen sich differenzierter abschätzen. Dies ist eine entscheidende Voraussetzung für die industrielle Umsetzung des SafeChair und zum Überzeugen von möglichen Partnern für dieses Projekt.

Die Gebert Rüf Stiftung hat durch ihre finanzielle Unterstützung bei der Entwicklung und dem Bau des Funktionsdemonstrators einen bedeutenden und wichtigen Beitrag für das Erreichen dieses Zieles geleistet. Ihre initiale Finanzierung erlaubte es auch bei den beteiligten Fachhochschulen, ergänzende Forschungsgelder zu beantragen und so das Projekt in der als notwendig erkannten Entwicklungstiefe durchzuführen. Darüber hinaus bietet der funktionstaugliche Demonstrator eine ideale und motivierende Grundlage für zahlreiche Projekt- und Diplomarbeiten in der Bachelor- oder Master-Ausbildung und erlaubt damit auch den Studierenden wichtige Beiträge zur Erprobung, zur Auswertung und zur Weiterentwicklung zu leisten.

Links

Am Projekt beteiligte Personen

Co-Projektleiter bei Produktion und Inbetriebnahme: Prof. Bernhard Gerster, Berner Fachhochschule für Technik und Informatik (BFH-TI), Biel, Fachbereich Automobiltechnik, 2537 Vauffelin, bernhard.notexisting@nodomain.comgerster@bfh.notexisting@nodomain.comch

Letzte Aktualisierung dieser Projektdarstellung  11.03.2019