PORTFOLIO

Projektdarstellungen auf der Webseite

Jedes von der Gebert Rüf Stiftung geförderte Projekt wird mit einer Webdarstellung zugänglich gemacht, die über die Kerndaten des Projektes informiert. Mit dieser öffentlichen Darstellung publiziert die Stiftung die erzielten Förderresultate und leistet einen Beitrag zur Kommunikation von Wissenschaft in die Gesellschaft.

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50 Sekunden Basel 1896

Redaktion

Für den Inhalt der Angaben zeichnet die Projektleitung verantwortlich.

Kooperation

Zu diesem von der Gebert Rüf Stiftung geförderten Projekt haben über 80 Institutionen und Einzelpartner aus Hochschulen, öffentlichen und privaten Archiven aus dem In- und Ausland (F, D, GB, I, USA) beigetragen, ebenso Firmen und Institute, die sich mit der Digitalisierung historischer Materialien beschäftigen. U.a. Basler Schulen; Universität Basel, Seminar für Medienwissenschaft – Modul Ästhetik, Digital Humanities Lab; FHNW Hochschule für Gestaltung und Kunst, Institut Experimentelle Design- und Medienkulturen, Institut Innenarchitektur und Szenografie, Institut Visuelle Kommunikation, Institut Kunst; Stadtkino Basel; Filmpodium Zürich; Verkehrs- und Baudepartement BS, Planungsamt; Cinémathèque suisse; Institut Lumière Lyon; Fonds Ferdinand Hodler – Archives Jura Brüschweiler; point de vue – Visavista AG Basel

Projektdaten

  • Projekt-Nr: GRS-036/17 
  • Förderbeitrag: CHF 100'000.00 
  • Bewilligung: 30.10.2017 
  • Dauer: 12.2017 - 06.2019 
  • Handlungsfeld:  Scientainment, seit 2013

Projektleitung

Projektbeschreibung

"Film" ist älter als "Kino" – und er ist älter als die heute gängige Unterscheidung von Spiel- und Dokumentarfilm. Die Kinematographie ist auch keine "Erfindung", sondern eine Verbundtechnologie aus Optik, Elektrik, Feinmechanik und Chemie, aus vielen Vorgängerkünsten und älteren Bildtechnologien. Alle diese Komponenten vereinigten 1895 die Lyoner Industriellen Frères Lumière in ihrem "Cinématographe", dem damals elegantesten und leistungsfähigsten Bewegtbildsystem. Und sie entwickelten ein cleveres Prinzip zur schnellen Verbreitung ihres Apparats, der zugleich Aufnahme-, Kopier- und Projektionsgerät war: Sie sandten ihre Kameraleute in die weite Welt, wo sie mit dem sensationellen Kamera-Projektor auch jene Filme vorführten, die sie zuhause, anderswo oder auch gleich vor Ort aufgenommen hatten.
Von der im September 1896 auf der Basler Rheinbrücke entstandenen Filmansicht wusste man nur, dass sie zu einer Serie von Schweizer Kürzestfilmen von 50 Sekunden Dauer gehörte, die ein umtriebiges Westschweizer Multi-Marketinggenie – auch zur Bewerbung seiner damals topmodernen Sunlight-Seifen – produziert hatte. Unsere fachübergreifende Detailanalyse von Film, Protagonisten und Umfeld zeitigte verblüffende Resultate: Die auf den ersten Blick spontan-beiläufige Aufnahme erwies sich nämlich als pedantisch geplante Selbstinszenierung von Einzelfiguren, die für die sozial-, industrie- und sogar mediengeschichtliche Situation von Basel und der Schweiz hoch repräsentativ sind. Die Bildrecherche geriet zur Detektivarbeit – und diese förderte "Fälle" zutage, die in spannendem, mitunter deftigem "Storytelling" erzählt sein wollen: Was hat die früheste Kinematografie mit Schiessbaumwolle und Seidenfärben zu tun, und was mit Luxusseife, Schokolade und deren Verkaufsautomaten? Oder mit der Schulung von Hörbehinderten, oder mit den Jesuiten, den Freimaurern, den Handelsinteressen der Basler Mission oder einem landesweiten Bierboykott? Und weshalb hatte dieser frühe Kinoproduzent ein paar Monate früher an der Landesausstellung in Genf die ganze Schweizer Künstlerszene vor seiner Kamera versammelt und dabei auch Ferdinand Hodler filmisch festgehalten?
Für das vor bald vier Jahren lancierte mikrohistorische Projekt "50 Sekunden Basel 1896: Was Lumières Kinematograf alles sichtbar macht" war – im Fall ergiebiger Resultate – von Anfang an eine zweite, der Vermittlung und Popularisierung dienende Projektphase vorgesehen. Dies mit der Absicht, auch die interessierte Öffentlichkeit zur Erschliessung der in Basel stets ergiebig sprudelnden Quellen der "Oral History" zu involvieren: Mit Erfolg, denn dank der Veröffentlichung meldeten sich Nachkommen einiger gefilmter Personen mit Dokumenten, die unsere Untersuchungen auf das schönste bestätigten.
Mit der Entwicklung von Lehrprojekten und umfangreichen -materialien gelang es den beteiligten Lehrpersonen, auch jugendliche und weniger kulturaffine Personen für das Ineinander von Kulturgeschichte und Medientechnologie zu begeistern und z.B. zu zeigen, dass letztlich sogar das heutige Selfie eine interessante Tradition aufweist.
Das immersive Virtual Reality-Tool "Alte Rheinbrücke" ist ganz besonders darauf angelegt, eine weniger kulturaffinen Game-Generation auch für anspruchsvolle Inhalte zu interessieren. Es dient aber zugleich der medienwissenschaftlichen Erforschung des szenischen Raumes der Aufnahme.

Was ist das Besondere an diesem Projekt?

Die Methoden der Digital Humanities erschliessen heut neue Dimensionen für mikrohistorische Analysen, aber auch zur zeitgemässen Vermittlung ihrer Resultate. Doch nur eine Verbindung mit bewährter (und dringend zu pflegender!) traditioneller Archivarbeit gewährt den erfolgreichen Einsatz dieser spektakulären Tools, wenn es um Sicherung, Aufarbeitung und Bereitstellung von audiovisuellen Dokumenten geht. Das Projekt will deshalb hinsichtlich der Entwicklung von Tools und Methoden Pionierarbeit erbringen.

Stand/Resultate

Dank originellem Ansatz und zahlreichen Einzelentdeckungen (wie z.B. unsere Identifikation von Ferdinand Hodler auf dem Genfer Film-Pendant) stiess das Projekt auf reges, sogar internationales Interesse von Medien und Kunstwissenschaft. Es öffnete auch die Türen zur Wiederentdeckung eines grossen Pariser Depots an weiteren Schweizer Filmen dieses Produzenten aus den Jahren 1897 und 1898.

Eine umfassende Didaktisierung für alle Sekundarstufen gab fünf Schulklassen im Raum Basel und Bern die Gelegenheit, sich fächerspezifisch mit historischen, gesellschaftlichen und gestalterischen Fragen rund um den Basler Lumière-Film auseinanderzusetzen. Das Netzwerk engagierter Lehrpersonen und der virtuelle Nachbau der Alten Rheinbrücke trugen dazu bei, den historischen Schauplatz als Panorama einer ganzen Epoche auf stufengerechte Weise zugänglich zu machen. Dabei sind nebst schulischen Filmprojekten auch umfangreiche Unterrichtsmaterialen entstanden, die auf der Projekthomepage für die Weiterverwendung und Fortentwicklung im Unterricht kostenlos zur Verfügung stehen.

Publikationen

Der Christoph Merian Verlag publiziert im Oktober 2019 unsere 400 Seiten umfassende, reich illustrierte Studie Auf der Brücke zur Moderne: Basels erster Film als Panorama der Belle époque. Zudem ist auch ein TV-Dokumentarfilm in Produktion.

Medienecho

Links

Am Projekt beteiligte Personen

Dr. phil. Hansmartin Siegrist, Projektleiter, Universität Basel, Seminar für Medienwissenschaft, Modul Ästhetik
Andreas Weber B.A.
David Bucheli, stud. phil.
Joëlle Simmen B.A.
Alessandra Tschanz M.A.
Dan Wenger stud.
Robin Michel B.A.
Willi Matter, lic.phil. u.a.

Letzte Aktualisierung dieser Projektdarstellung  11.10.2019