Projektbeschreibung
Dieses GRS-Projekt zielte auf die Entwicklung neuer Strategien zur Regeneration des erkrankten Blutgefässsystems, die auf den Abruf natürlicher Prozesse der Blutgefässbildung im Patienten basieren. Dies versuchen wir mit Hilfe von Biomaterial-Implantaten, welche Blutgefässbildung induzierende Wachstumsfaktoren oder Zellen lokal und effektiv an das erkrankte Zielgewebe abgeben. Dieser integrative Ansatz, bekannt als 'Tissue Engineering', verbindet Methodik der Zellbiologie, Materialwissenschaften, Pharmakologie und der Chirurgie. Die Verwendung von Trägermaterialien bietet transplantierten Zellen Haftung, ermöglicht deren Platzierung im behandelten Wundgewebe, und ermöglicht das Auswachsen der Zellen im dreidimensionalen Verband. Die hier entwickelten Therapieansätze streben nicht danach neue Gewebe oder Organe ausserhalb des Körpers zu generieren, sondern im Körper selbst, also in situ. Dabei dient der Körper als natürlicher Bioreaktor um die transplantierten Zellen im Implantat mit Nährstoffen und Signalen zu versorgen. Die Einwanderung von Zellen aus dem behandelten Zielgewebes ins Implantat dient der Integration des Implantats und der graduellen Umwandlung des Implantats in natürliches Gewebe. Die in dieser Studie entwickelten Trägermaterialien zum Gefässaufbau nützen endothelialen Vorläuferzellen und Wachstumsfaktoren. Der potenteste und deshalb klinisch relevante Faktor in dieser Studie ist Vaskulärer Endothelialer Wachstumsfaktor (engl. vascular endothelial growth factor (VEGF)). Die hier entwickelten Trägermaterialien basieren auf zwei Klassen von injizierbaren Hydrogelmaterialien: (1) der natürlichen Wundheilungsmatrix Fibrin, welches in der Chirurgie als Fibrinkleber eingetzt wird; und (2) vollsynthetische, biologisch aktive Polymere. Das spezifische Interesse unserer Arbeit galt der Entwicklung dieser Materialien zur spontanen Endothelialisierung von synthetischen Gefässprothesen mittels Rekrutierung und Auswachsen von endothelialen Vorläuferzellen, sowie der Transplantation von isolierten endothelialen Vorläuferzellen in Gewebe mit Mangeldurchblutung (ischämische Gewebe). Die Erprobung unserer Material- und biologischen Arbeitshypothesen erfolgte im Experiment im Tier.
Was ist das Besondere an diesem Projekt?
Erkrankungen des Blutgefässsystems sind die häufigste Ursache von Krankheit und Tod in unserer Gesellschaft. Um eine effizientere und anhaltendere Regeneration des Blutgefässsystems zu erreichen, werden hier neue Formen der Therapie getestet, die zusätzlich zur akuten chirurgischen Behandlung, körpereigene Reparaturprogramme und Zellen für den Wiederaufbau von gesunden Blutgefässen stimuliert. Die Verwendung von neuartigen, in unserem Labor an der ETH Zürich entwickelten und patentierten Biomaterialien, kombiniert mit Wachstumsfaktoren für die Mobilisierung und das Wachstum von endothelialen Vorläuferzellen im Patienten, bilden die Grundlage zur Blutgefässregeneration. Das vorgestellte Projekt ist interdisziplinär und verbindet Materialwissenschaft, Biologie und Medizin mit dem dezidierten Anspruch auf klinische Machbarkeit und Effizienz. Sollte sich die Projektidee der Ausnützung von körpereigenen Zellen zur Blutgefässreparatur als richtig erweisen, ist die rasche Umsetzung dieser Biomaterialstrategie in ein klinisches Produkt vorgesehen.
Stand/Resultate
1. Neue, effektive Biomaterialen für Regeneration des Gefässsystems
Die biologische Wirkung der hier entwickelten Trägermaterialien basiert auf einem neuartigen Materialprinzip für die Abgabe von Wachstumsfaktoren, welches die natürliche Freisetzung der Wachstumsfaktoren durch die Zellaktivität im behandelten Zielgewebe imitiert. Wir entwickelten und testeten dieses Prinzip der zell-bestimmten Steuerung an drei biologisch und strukturell sehr unterschiedliche Wachstumsfaktoren, die aufgrund ihrer zentralen Bedeutung für die Bildung des Blutgefässsytems im Embryo gewählt wurden: VEGF, Ephrin-B2, und Angiopoietin1. Der aus dem Material freigesetzte Wachstumsfaktor stimuliert die Blutgefässbildung im Zielgewebe; gleichzeitig erhöht das Wachstumsfaktorsignal die Vitalität und das Auswachsen des Zelltransplants im Zielgewebe. Wir etablierten dieses Materialprinzip an 2 Klassen von injizierbaren Implantmaterialien, der natürlichen Wundheilungsmatrix Fibrin sowie an vollsynthetischen, biologisch aktive Polymeren basierend auf Polyethylenglykol und biologisch aktiven Peptiden. Die Funktionalität zur Stimulierung der Vermehrung und des Auswachsens von Endothelzellen oder endothelialen Vorläuferzellen wurde in vitro und in Tiermodellen validiert (siehe gelistete Fachpublikationen). Unsere detaillierten strukturellen und funktionellen Untersuchungen der gebildeten Blutgefässe demonstrieren die Ueberlegenheit dieses neuartigen Materialprinzips gegenüber bisherigen konventionellen Materialien zur Stimulierung der Neubildung von funktionellen Blutgefässen. Mit VEGF beladenes Fibrin ist klinisch relevant. Eine in in dieser Studie entwickelte Formulation von VEGF in Fibrin wurde für einen klinischen Pilotversuch am Universitätsspital Zürich an Patienten mit Ulcus der Fingerhaut genehmigt.
2. Untersuchung von Trägermaterialien zur spontanen Endothelialisierung von Goretex Gefässprothesen
Verdickung der Blutgefässwände und Verstopfung der Gefässe durch Thrombus bilden Ursachen für häufige Fehlfunktion von kleinkalibrigen künstlichen Goretex Blutgefässprothesen. Das Fehlen einer natürlichen Endothelschicht auf der Kontaktoberfläche zwischen Gefässprothese und Blut gilt als Hauptgrund für das Versagen. Die Beschichtung von Gefässprothesen mit VEGF-beladenem Fibrin ist ein möglicher Schlüssel zur spontanen Endothelbildung auf synthetischen Blutgefässprothesen um damit zur dauerhaften Durchgängigkeit des Gefässes. VEGF ist ein starkes Signal für die Vermehrung und das Auswandern von Endothelzellen sowie der Rekrutierung von Vorläufern von Endothelzellen aus dem Blutstrom. Unsere Experimente in vitro bestätigten dass die hier entwickelten Trägermaterialien aus Fibrin, wenn sie mit VEGF beladen sind, das Ueberleben und das Auswachsen von endothelialen Vorläuferzellen sichern. Die Eprobung dieser VEGF-beladenen Trägermaterialien im Tiermodell Schwein (in Zusammenarbeit mit Dr. B. Walpoth, Universität Genf) zeigte jedoch unerwarteten, nachteilige Effekt, nämlich die Verengung von Goretex Gefässprothesen, die in die linke und rechte Carotisarterie implantiert wurden. Der nachteilige Effekt von beschichteten gegenüber unbeschichteten Gefässprothesen zeigte sich sowohl bei Beschichtung mit Fibrin alleine, und vestärkt bei dessen zusätzlicher Beladung mit VEGF. Histologische Untersuchungen der explantierten Gefässprothesen zeigen ein überschiessendes Wachstum von glatten Muskelzellen in der Gefässwand der Prothese, die zur Verengung des Gefässes führt. Dieser nachteilige Konsequenz Bedeutung weit über die spezifische Anwendung in der Endothelialisierung von künstlichen Blutgefässen hinaus. Er muss generell bei der künftigen Entwicklung neuer Strategien zur Heilung von verletzten Gefässwänden beachtet werden.
3. Untersuchung zur Transplantation von endothelialen Vorläuferzellen zur Behandlung von ischämischen Geweben
Eine wichtige Entdeckung der letzten Jahre betraf die Existenz gewebespezifischer Stammzellen oder Vorläuferzellen im erwachsenen Körper (adulte Stammzellen). Vorläuferzellen für blutgefässbildende Zellen -sogenannte endotheliale Vorläuferzellen- wurden in Knochenmark, Blut und Nabelschnurblut gefunden, und Methoden zur Isolierung etabliert. Mehrere Studien in verschiedenen Forschungslabors haben angezeigt, dass die Transplantation endothelialer Vorläuferzellen in ischämisches Gewebe die lokale Blutgefässbildung stimuliert. Der positive Effekt ist entweder auf die Abgabe von Wachstumsfaktoren in das kranke Gewebe, oder den Einbau der Zellen in neu formende Blutgefässe zurückzuführen. In der hier durchgeführten Studie entwickelten und testeten wir auf Fibrin basierende Trägermaterialien für die Transplantation von endothelialen Vorläuferzellen. Diese Trägermaterialien helfen die transplantierten Zellen im Wundbett zu fixieren, ihre Versorgung mit Wachstumsfaktoren für ihr Ueberleben gewährleisten, und das Auswachsen der Zellen ins umliegende Gewebe ermöglichen. Zu diesem Zweck, isolierten wir endotheliale Vorläuferzellen aus menschlichem Nabelschnurblut und studierten zunächst das Wachstumsverhalten dieser Zellen in Fibrin Trägermaterialien in zwei-und dreidimensionaler Kultur in vitro. Diese Studien zeigen, dass Fibrin ein gutes Substrat für das Auswachsen von endothelialen Vorläuferzellen ist. Der Effekt von Zelltransplantation via Fibrin wurde in zwei anspruchsvollen Tiermodellen getestet: 1. Als Hautwundheilungsmodell wählten wir die Transplantation von Zellen in Oberschenkelhautwunden von Mäusen nach experimentell induzierter Ischämie des Hinterbeins. Diese Versuche wurden bei Prof. P. Maddedu, Universität von Sassari, Italien durchgeführt. Wir fanden keinen signifikant positiven Effekt von Zelltransplantation auf die Wundheilung. Ein möglicher Grund ist die frühe Austrocknung des Fibrin-Trägermaterials, die das Auswachsen der Zellen verhindert. Diese Austrocknung könnte mit nassen Wundverbänden verhindert werden. Diese sind im Menschen einfach, im Tier schwierig anwendbar (die Tiere knabbern diese Verbände weg). 2. Als zweites Modell wählten wir die Transplantation von endothelialen Vorläuferzellen in ischämisches Herzgewebe nach experimentell induziertem Infarkt in Ratten. Diese Versuche wurden im Labor von Dr. Marisa Jaconi an der Universität Genf durchgeführt. Die initiale Analyse zeigte eine Verbesserung des lokalen Blutflusses. Diese Ergebnisse müssen noch histologisch ausgewertet werden.
Publikationen
Helm C-LE, Fleury ME, Zisch AH, Boschetti F, Swartz M. Synergy between interstitial flow and VEGF directs capillary morphogenesis in vitro through a gradient amplification mechanism (2005) Proc. Natl Acad Sci USA 102: 15779-84
Weber CC, Cai H, Ehrbar M, Kubota H, Martiny-Baron G, Weber W, Djonov V, Weber E, Mallik AS, Fussenegger M, Frei K, Hubbell JA, Zisch AH. Effects of protein and gene transfer of the angiopoietin-1 fibrinogen-like receptor-binding domain on endothelial and vessel organization (2005) J Biol Chem 280:22445-53
Ehrbar M, Metters A, Zammaretti P, Hubbell JA, Zisch AH. Endothelial cell proliferation and progenitor maturation by fibrin-bound VEGF variants with differential susceptibilities to local cellular activity (2005) J Control Release 101:93-109
Karrer L, Duwe J, Zisch AH, Khabiri E, Cikiricoglu M, Napoli A, Goessl A, Schaffner T, Hess O, Carrel T, Kalangos A, Hubbell JA, Walpoth BH. PPS-PEG surface coating to reduce thrombogenicity of small diameter ePTFE grafts (2005). Int J Artif Organs 28:993-1002.
Zammaretti P, Zisch AH. Adult ‘endothelial progenitor cells’ Renewing vasculature. Review (2005) Int J Biochem Cell Biol 37:493-503.
Zisch AH. Tissue engineering of angiogenesis with autologous endothelial progenitor cells (2004) Curr Opin Biotechnol 15:424-9.
Ehrbar M, Djonov VG, Schnell C, Tschanz SA, Martiny-Baron G, Schenk U, Wood J, Burri H, Hubbell JA, Zisch AH. Cell-demande liberation of VEGF21 from fibrin implants induces local and controlled blood vessel growth (2004) Circ Res 94:1124-32.
Zisch AH, Zeisberger SM, Ehrbar M, Djonov V, Weber CC, Ziemiecki A, Pasquale EB, Hubbell JA. Engineered fibrin matrices for functtional display of cell membrane-bound growth factor-like activities: study of angiogenic signaling by ephrin-B2 (2004) Biomaterials 25:3245-57.
Seliktar D, Zisch AH, Lutolf MP, Wrana JL, Hubbell JA. MMP-2 sensitive, VEGF-bearing bioactive hydrogels for promotion of vascular healing (2004) J Biomed Mater Res 68A:704-16.
Zisch AH, Lutolf MP, Hubbell JA. Biopolymeric delivery matrices for angiogenic growth factors (2003). Cardiovasc Pathol 12:295-310.
Zisch AH, Lutolf MP, Ehrbar M, Raeber GP, Rizzi SC, Davies N, Schmokel H, Bezuidenhout D, Djonov V, Zilla P, Hubbell JA. Cell-demanded release of VEGF from synthetic, biointeractive cell ingrowth matrices for vascularized tissue growth (2003). Faseb J 17:2260-2.
Lutolf MP, Raeber GP, Zisch AH, Tirelli N, Hubbell JA. Cell-responsive synthetic hydrogels (2003) Adv Materials 15:888-92.
Medienecho
keine
Am Projekt beteiligte Personen
Die Experimente wurden in Zusammenarbeit mit den Forschungsgruppen von Dr. Beat Walpoth, sowie Dr. Marisa Jaconi, des Universitätsspitals Genf durchgeführt.
Letzte Aktualisierung dieser Projektdarstellung 29.10.2018