Projektbeschreibung
Die Infektion mit dem gram-negativen Bakterium Legionella pneumophila kann im Menschen eine schwere Lungenentzündung, die Legionärskrankheit, hervorrufen. Die Infektion erfolgt über Inhalation von Legionellen-kontaminierten Aerosolen, die von Wassersystemen, z.B. Duschen, Klimaanlagen oder Springbrunnen erzeugt werden. Die Legionärskrankheit tritt erst seit jüngerer Zeit epidemisch auf, und ihre Bedeutung wird bei vermehrter Verwendung aerosolisierender Systeme in Zukunft noch zunehmen. Es wird geschätzt, dass zwischen 1-30% der Bevölkerung durch Legionellen infiziert wurden; zum Ausbruch der schwerwiegenden Lungenentzündung kommt es aber bevorzugt bei immun-geschwächten Personen, bei älteren Menschen, bei chronisch Kranken oder organtransplantierten Individuen. Da vor allem der Personenkreis der älteren Menschen stetig grösser wird, nimmt parallel dazu auch das Risiko von Legionellosen zu.
Das Ziel des Forschungsprojektes war, die Entstehung der Legionärskrankheit und die Kontrolle der Infektion durch Komponenten des angeborenen und erworbenen Immunsystems auf zellulärer und molekularer Ebene im Mausmodell zu analysieren. Mit den gewonnenen Erkenntnissen sollen Strategien entwickelt werden, die zur Stärkung von Legionella-kontrollierenden Immunkomponenten und letztlich zur Entwicklung eines Impfstoffs führen.
Folgende Forschungsschwerpunkte werden verfolgt:
1. Welche bakteriellen und Wirtskomponenten tragen zur Legionellen-induzierten Entzündungsreaktion bei?
2. Was sind die wichtigsten Komponenten des Immunsystems, welche für die Kontrolle der Legionelleninfektion verantwortlich sind?
3. Gibt es einen immunologischen Schutz vor der Legionelleninfektion und über welche Mechanismen läuft dieser?
Was ist das Besondere an diesem Projekt?
Mit der Unterstützung von Nachwuchswissenschaftler leistet die Gebert Rüf Stiftung einen entscheidenden Beitrag zur infektionsimmunologischen Forschung in der Schweiz. Die Förderungsschwerpunkte der Gebert Rüf Stiftung sind kongruent mit den Zielen des geförderten Projektes, bezüglich
1. Wirksamkeit: die im Projekt verfolgte Forschung ist die Basis für das Verständnis der immunologischen Prozesse, welche bei der Legionärskrankheit eine Rolle spielen und ist somit entscheidend für die Entwicklung einer potentiellen Impfstrategie.
2. Transferpotential: die Legionärskrankheit findet in der Tagespresse grosse Beachtung. Dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit wird Rechnung getragen, indem immunologische Legionellen-Forschung gefördert und damit die wissenschaftliche Kompetenz bezüglich der Krankheit in der Schweiz verstärkt wird.
3. Originalität: die unterschiedlichen mikrobiologischen und immunologischen Expertisen der am Projekt beteiligten Gruppen gewährleisten eine unkonventionelle Perspektive, auf Grund derer neue Aspekte der Legionärskrankeit erkannt und bearbeitet werden.
4. Interdisziplinarität: integraler Bestandteil des Forschungsprojektes ist die wissenschaftliche Interdisziplinarität zwischen Mikrobiologie, Immunologie, Zellbiologie und Infektiologie, welche durch die enge Zusammenarbeit von zwei unabhängigen Gruppen mit den entsprechenden wissenschaftlichen Qualifikationen am Institut für Mikrobiologie der ETH gewährleistet wird.
Stand/Resultate
Um die Immunantwort bei der Infektion mit L. pneumophila zu charakterisieren, werden im vorgeschlagenen Projekt Synergien nutzbar gemacht, die aus den Expertisen „zelluläre Immunologie“ (A. Oxenius) und „zelluläre Mikrobiologie“ (H. Hilbi) entstehen. Im dritten Jahr des Projektes wurden, aufbauend auf den Ergebnissen der ersten beiden Projektjahre, folgende Ergebnisse erzielt:
Bakterielle Komponenten für die Auslösung der Entzündung:
Eine Infektion mit Legionellen löst eine schnelle und starke Entzündungsreaktion aus, welche massgeblich an der Kontrolle der Infektion beteiligt ist. Im Gegensatz zu Wildtyp Legionellen können Legionellen mit einem defekten Typ IV Sekretionssystem (T4SS) keine Entzündungsreaktion auslösen. Wildtyp und T4SS-defiziente Legionellen unterscheiden sich in Ihrer Fähigkeit, in eukaryotischen Wirtszellen zu replizieren; während Wildtyp Legionellen in Wirtszellen replizieren werden T4SS-defiziente Mutanten in Phagozyten abgebaut. Die fehlende intrazelluläre Replikationsfähigkeit der T4SS-defizienten Legionellen war aber nicht ausschlaggebend für die fehlende Auslösung einer Einzündungsreaktion, da replikations-defiziente T4SS-kompetente Legionellen auch eine starke Entzündungsrekation auslösen können. Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass ein intaktes Typ IV Sekretionssystem, aber nicht die intrazelluläre Replikationsfähigkeit ausschlaggebend ist für die Auslösung einer Entzündungsreaktion. Die genauen Mechanismen, über welche das Typ IV Sekretionssystem diese Entzündungsreaktion auslöst, werden zurzeit untersucht.
Wirtskomponenten für die Auslösung der Entzündung:
Um auf der Wirtsseite wichtige Komponenten für die Auslösung der Entzündungsreaktion zu identifizieren, haben wir eine Reihe von mutanten Mausstämmen daraufhin untersucht, ob eine Legionelleninfektion in diesen eine Entzündungsreaktion auslösen kann. Dabei haben wir festgestellt, dass Mäuse, denen das Signalübertragungsprotein MyD88 fehlt, nach der Legionelleninfektion keine Entzündungsreaktion mehr zeigen. MyD88 ist ein wichtiges Protein bei der intrazellulären Signalübermittlung von „Toll-like Rezeptoren“ (TLRs). TLRs sind Rezeptoren, die darauf spezialisiert sind, chemische Komponenten von Bakterien oder Viren zu erkennen und daraufhin an die Zelle Signale zu übermitteln, welche diese zur Produktion von Entzündungsstoffen anregt. Wir haben deshalb verschiedene Mausmutanten untersucht, denen selektiv einzelne TLRs fehlen, um denjenigen TLR zu identifizieren, der bei der Legionellenerkennung eine wichtige Rolle spielt. Wir haben aber zeigen können, dass keiner der bis anhin bekannten TLRs für die Legionellenerkennung verantwortlich ist.
Interferon gamma Produktion durch NK Zellen:
Interferon gamma (IFNg), welches innerhalb von 12-16 Stunden nach der Legionelleninfektion in hohem Masse von natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) produziert wird, ist essentiell für die frühe Eindämmung der Legionelleninfektion. Wir haben deshalb untersucht, welche Mechanismen die NK Zellen zur IFNg Produktion anregen. Wir konnten zeigen, dass die Expression des Signalübertragungsproteins MyD88 in NK Zellen essentiell ist für die Legionellen-induzierte IFNg Produktion. MyD88 ist nicht nur involviert in der Signalübertragung von TLRs, sondern auch in der Signalübertragung der Rezeptoren für Interleukin-1 (IL-1) und Interleukin-18 (IL-18). Wir konnten nun zeigen, dass IL-18 und IL-12 entscheidende Faktoren sind für die Auslösung der IFNg Produktion der NK Zellen.
Rolle der neutrophilen Granulozyten:
Nach der Legionelleninfektion kommt es zu einer massiven Aktivierung und Rekrutierung von neutrophilen Granulozyten, welche bei der Aktivierung der NK Zellen beteiligt sind. In vivo Depletion von Granulozyten führt zu einer verminderten Kontrolle der Legionelleninfektion und auch zu einer stark reduzierten IFNg Produktion in NK Zellen. Wir konnten nachweisen, dass die neutrophilen Granulozyten die Produzenten des IL-18 sind, welches für die IFNg Produktion der NK Zellen notwenig ist.
Antikörperantwort:
Eine systemische Legionelleninfektion (nach intravenöser Infektion) führt zu einer ausgeprägten Legionellen-spezifischen IgG Antwort in Serum, wohingegen eine intranasale Infektion zu einer IgA Antwort in der Lungenflüssigkeit (Bronchioalveolarlavage) führt. Die lokale IgA Antwort in der Lungenflüssigkeit bietet einen Schutz vor einer Zweitinfektion. Die Mechanismen, über welche die Antikörper einen Schutz vor der Legionelleninfektion bieten, werden zurzeit detailliert untersucht. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Antikörper zu einer veränderten intrazellulären Lokalisierung der Bakterien nach deren Aufnahme führen, welche den Abbau der Bakterien begünstigt.
Des Weiteren wird zurzeit die Spezifität der Antikörperantwort analysiert und es wurden 12 Genabschnitte im Legionellengenom identifiziert, welche Proteine kodieren, die durch die Antikörper einer infizierten Maus erkannt werden.
Zusätzliche Mittel seitens der ETH Zürich (Personalkosten und Infrastruktur), seitens der Bonizzi-Theler Stiftung (Personalkosten) und seitens der UBS Foundation (Personalkosten und Betriebsmittel) stehen zur Bearbeitung des Projektes, bzw. der Folgeprojekte zur Verfügung.
Publikationen
Sporri, R., N. Joller, U. Albers, H. Hilbi, and A. Oxenius. 2006. MyD88-Dependent IFN-{gamma} Production by NK Cells Is Key for Control of Legionella pneumophila Infection. J Immunol 176:6162-6171.
Joller, N., R. Sporri, H. Hilbi, and A. Oxenius. 2007. Induction and protective role of antibodies in Legionella pneumophila infection. Eur J Immunol 37:3414-3423.
Medienecho
SonntagsBlick, Artikel über aktuelle Legionella Forschung, April 2005
Radiointerview „Persönlich“ DRS1, 26.6.2005
Links
Letzte Aktualisierung dieser Projektdarstellung 17.10.2018