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Projektdarstellungen auf der Webseite

Jedes von der Gebert Rüf Stiftung geförderte Projekt wird mit einer Webdarstellung zugänglich gemacht, die über die Kerndaten des Projektes informiert. Mit dieser öffentlichen Darstellung publiziert die Stiftung die erzielten Förderresultate und leistet einen Beitrag zur Kommunikation von Wissenschaft in die Gesellschaft.

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Nachhaltige Ablösungen in der Sozialhilfe – BREF 2015 «Soziale Innovation»

Redaktion

Für den Inhalt der Angaben zeichnet die Projektleitung verantwortlich.

Kooperation

Dieses Projekt ist einer der fünf Gewinner der Jahresausschreibung 2015 «BREF – Brückenschläge mit Erfolg» – ein Kooperationsprogramm von Gebert Rüf Stiftung und swissuniversities. Projektpartner: Kantonales Sozialamt der Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF) des Kantons Bern

Projektdaten

  • Projekt-Nr: GRS-062/15 
  • Förderbeitrag: CHF 250'000 
  • Bewilligung: 05.11.2015 
  • Dauer: 03.2016 - 01.2019 
  • Handlungsfeld:  BREF – Soziale Innovationen, 2011 - 2017

Projektleitung

Projektbeschreibung

Als letztes Netz im sozialen Sicherungssystem der Schweiz garantiert die Sozialhilfe die wirtschaftliche Existenz der von Armut betroffenen Personen. Armut ist allerdings ein dynamisches Phänomen. Zwar kann sich die Mehrheit der Personen und Familien nach einer unterschiedlich langen Unterstützungsdauer von der Sozialhilfe ablösen. Rund ein Drittel von ihnen wird jedoch zu einem späteren Zeitpunkt erneut auf den Sozialdienst angewiesen sein. Klar ist, dass sich die Gründe hierfür auf gesellschaftlicher Ebene wie auf Ebene der individuellen Biografien finden lassen. Wenig untersucht aber ist, welchen Einfluss die Sozialdienste auf die dahinterliegende Dynamik haben.

Die vorliegende Forschungsarbeit setzt bei dieser Frage an: Wie können Sozialdienste die Sozialhilfe gestalten, um mehr Klientinnen und Klienten nachhaltig abzulösen? Hierzu wurden die Einflussfaktoren untersucht und in einem nächsten Schritt die Erkenntnisse in die Praxis der Sozialdienste implementiert. Ziel ist, Hilfsprozesse von Sozialdiensten empirisch begründet wirkungsorientierter zu gestalten.

Das Vorgehen bestand darin, aus den 68 Sozialdiensten im Kanton Bern drei Organisationen mit ausgeprägt hoher und drei mit ausgeprägt tiefer Quote an nachhaltigen Ablösungen auszuwählen. Die Hilfeprozesse dieser sechs Sozialdienste wurden hinsichtlich solcher Faktoren analysiert, die eine nachhaltige Ablösung von Sozialhilfebeziehenden begünstigen. Aus der Datenauswertung resultieren zehn Einflussfaktoren: Mitarbeitenden-Förderung, Anspruchsprüfung, Falldifferenzierung, Analyse, Ziel- und Handlungsplanung, Berufliche Integration, Kommunikation mit vorrangigen Stellen, Gestaltung des Abschlussprozesses, Beziehungsgestaltung sowie Kommunikation mit Klientinnen und Klienten.

Das Forschungsteam begleitete die untersuchten Sozialdienste bei der Anwendung der Erkenntnisse auf ihre Prozesse. Man war sich unter den Sozialdiensten weitgehend einig, dass Ziel- und Handlungsplanung, Falldifferenzierung, Kommunikation mit Klientinnen und Klienten sowie Gestaltung des Abschlussprozesses die wichtigsten Einflussfaktoren sind. In jedem Sozialdienst fand ein halbtägiger Workshop zum jeweils bevorzugten Thema statt. Dieser Workshop folgte mehrheitlich den methodischen Prinzipien des «Design Thinking», um die fachliche Expertise und die Problemlösungskompetenzen der Mitarbeitenden bestmöglich in die Prozessoptimierung einzubinden.

Was ist das Besondere an diesem Projekt?

Die Armutsdynamik ist sowohl hinsichtlich des Einflusses durch gesellschaftliche Makrofaktoren als auch durch personenbezogene Mikrofaktoren relativ gut untersucht. Kaum erforscht ist jedoch, welcher Einfluss die Mesoebene – die Sozialdienste – auf die Armutsdynamik ausübt. Das Forschungsprojekt ergab, dass der Kernprozess Sozialhilfe für die Nachhaltigkeit einer Ablösung von Sozialhilfebeziehenden von besonderer Bedeutung ist. Die Forschung zur Wirkungsorientierung fokussierte bislang eher auf betriebswirtschaftliche und strategische Bereiche, weniger auf das methodische Handeln der Sozialarbeitenden. Das methodische Handeln ist jedoch prägend im Kernprozess, daher sollten Sozialarbeitende in die Optimierung der Ablösung miteinbezogen werden.

Das Projekt entwickelte gemeinsam mit den Praxispartnern eine Prozessinnovation: Der Weg der Leistungserstellung wurde auf die individuellen Bedürfnisse der Sozialdienste abgestimmt und damit optimiert, so dass die Abläufe der Sozialdienste effektiver, kreativer, aber auch ressourcenschonender auf die nachhaltige Ablösung abzielen. Ein partizipativer Ansatz, welcher wissenschaftliche Expertise und Erfahrungswissen der Praxispartner kombiniert, ist hilfreich, um sowohl Lösungen für die Praxis als auch Erkenntnisse zur Dynamik des Phänomens Armut zu generieren.

Stand/Resultate

Aus der Datenauswertung resultieren zehn Einflussfaktoren: Mitarbeitenden-Förderung, Anspruchsprüfung, Falldifferenzierung, Analyse, Ziel- und Handlungsplanung, Berufliche Integration, Kommunikation mit vorrangigen Stellen, Gestaltung des Abschlussprozesses, Beziehungsgestaltung sowie Kommunikation mit Klientinnen und Klienten. In einer Serie von Workshops wurden die zehn empirisch ermittelten Einflussfaktoren auf die für die Praxis wesentlichen Faktoren reduziert. Man war sich unter den Sozialdiensten weitgehend einig, dass Ziel- und Handlungsplanung, Fallsteuerung und Arbeitsbündnis (v.a. Kommunikation und Gestaltung des Abschlusses der Sozialhilfe) zentral waren. In jedem Sozialdienst fand ein halbtägiger Workshop zum jeweils bevorzugten Thema statt. Dieser Workshop folgte mehrheitlich den methodischen Prinzipien von «Design Thinking», um die fachliche Expertise und die Problemlösungskompetenzen der Mitarbeitenden bestmöglich in die Prozessoptimierung einzubinden.

Die Durchführung des Forschungsprojektes hat deutlich gemacht, dass der Kernprozess Sozialhilfe für die Nachhaltigkeit einer Ablösung von Sozialhilfebeziehenden zentral ist. Die Forschung zu Wirkungsorientierung fokussierte bislang eher auf betriebswirtschaftliche und strategische Bereiche, weniger auf das methodische Handeln von Sozialarbeitenden. Das methodische Handeln ist jedoch prägend im Kernprozess, daher sollten Sozialarbeitende in die Optimierung der Ablösung miteinbezogen werden. Die Resultate des Forschungsprojektes bestätigen weiter, dass die Strukturierung des Kernprozesses die Nachhaltigkeit steigern kann.

Das Projekt endet mit einer Reihe von Empfehlungen. Für Sozialdienste empfiehlt es sich, auf die für die Praxis wichtigsten Einflussfaktoren für nachhaltige Ablösung zu fokussieren. Dies sind Ziel- und Handlungsplanung, Fallsteuerung und Arbeitsbündnis, vor allem hinsichtlich Kommunikation und Gestaltung Abschlussprozess. Für die Erarbeitung von Lösungswegen hat sich ein partizipatives Verfahren (beispielsweise Design Thinking) bewährt, für die Implementierung von Lösungen die Durchführung organisationsinterner Projekte. Die Fachverbände der Sozialhilfe finden in der Studie die Empfehlung, Sozialdienste darin zu unterstützen, die Optimierung des Kernprozesses Sozialhilfe zur Steigerung der nachhaltigen Ablösung in der Sozialhilfe aus einer betrieblichen und fachlichen Perspektive anzugehen (doppelte Co-Produktion). In der Forschung zur Sozialhilfe braucht es künftig mehr vergleichende Forschung (interkantonal, international), weil Sozialhilfe zwar von lokalen und regionalen Besonderheiten mitgeprägt ist, jedoch überall dasselbe Ziel verfolgt, nämlich die Armut zu lindern. Ein partizipativer Ansatz, welcher wissenschaftliche Expertise und Erfahrungswissen der Praxispartner und -partnerinnen kombiniert, ist hilfreich, um sowohl Lösungen für die Praxis wie auch Erkenntnisse zur Dynamik des Phänomens Armut zu generieren.

Das Projekt ist im Oktober 2018 abgeschlossen worden, doch es sind künftig weitere Aktivitäten geplant. An der Tagung der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe vom 8. Mai 2019 wird das Projekt Leitungspersonen von Sozialdiensten vorgestellt. Weiter ist geplant, dass ein Fachartikel und ein bis zwei Presseartikel zu nachhaltiger Ablösung in der Sozialhilfe erscheinen.

Publikationen

Iseli, D. & Steger, S. (im Erscheinen). Erfordernisse an Professionalität zur Führung effektiver Sozialdienste. In M. W. Fröse, B. Naake & M. Arnold (Hrsg.), Führen in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft: Neue Organisations- und Denkmodelle. Springer: Berlin;
Iseli, D., Salzgeber, R., Steger, S. & Hunziker, A. (2016). Wirksame Sozialhilfe benötigt ein koordiniertes Vorgehen. Social Impact 3/2016. Bern: Berner Fachhochschule;
Michel, C., Iseli, D., Steger, S., Zürcher, P., Grieb, M. & Eiler, K. (2018). Nachhaltige Ablösungen in der Sozialhilfe: Wirkungsorientierte Prozessgestaltung in Sozialdiensten. Schlussbericht. Bern: Berner Fachhochschule, Soziale Arbeit;
Michel, C., Iseli, D. & Steger, S. (2018). Die Einflussfaktoren eines Sozialdienstes für nachhaltige Integration. impuls(2), 28-30;
Michel, C., Iseli, D. & Steger, S. (2018). Die Einflussfaktoren eines Sozialdienstes für nachhaltige Integration. knoten&maschen. Blog des BFH-Zentrums Soziale Sicherheit. BFH-Zentrum Soziale Sicherheit;
Michel, C. (2017). Was macht einen Sozialdienst erfolgreich? knoten&maschen. Blog des BFH-Zentrums Soziale Sicherheit. Bern: BFH-Zentrum Soziale Sicherheit;
Michel, C. (2016). Effiziente Sozialdienste bieten armutsbetroffenen Menschen eine bessere Unterstützung, knoten&maschen. Blog des BFH-Zentrums Soziale Sicherheit. Bern: BFH-Zentrum Soziale Sicherheit

Links

Am Projekt beteiligte Personen

Prof. Daniel Iseli, Ko-Projektleiter, Berner Fachhochschule, Soziale Arbeit
Dr. Claudia Michel, Ko-Projektleiterin, Berner Fachhochschule, Soziale Arbeit
Simon Raphael Steger, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Berner Fachhochschule, Soziale Arbeit
Pascale Zürcher, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Berner Fachhochschule, Soziale Arbeit
Manuela Grieb, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Berner Fachhochschule, Soziale Arbeit
Katharina Eiler, Studentische Mitarbeiterin, Berner Fachhochschule BFH, Soziale Arbeit

Praxispartnerin:
Janine Heldner, Gesundheits- und Fürsorgedirektion GEF des Kantons Bern, Leiterin Abteilung Existenzsicherung
Mitarbeitende von sechs Sozialdiensten im Kanton Bern

Letzte Aktualisierung dieser Projektdarstellung  09.01.2019