Projektbeschreibung
Anders als bei herkömmlichen leitungsgebundenen Solarmodulen soll für die neue Lösung der Leistungstransfer von den Solarzellen eines Solarmoduls zum Modulanschuss kontaktlos mittels magnetischer Kopplung erfolgen. In der neuen Systemlösung wird der Gleichstrom der Solarzellen innerhalb des Moduls in Wechselstrom umgewandelt und über eine Planarspule abgeführt. In der Modulhalterung befindet sich die sekundäre Spule und bildet zusammen mit der primären Planarspule die magnetische Kopplung und produziert aus der magnetischen Energie wieder einen elektrischen Strom, der so ins Sammelkabel eingespeist wird. Damit ist ein neues System geschaffen, welches die erste Stufe der herkömmlichen PV Wechselrichter in den laminierten Bereich des Solarmoduls verlagert. Die Modulamination ist dadurch langlebiger, da die Dichtigkeit höher ist als bei kabelgebundener Kontaktierung. Der Modulanschluss, über den der Energietransfer ins Sammelkabel erfolgt, ist gleichzeitig Teil der mechanischen Modulhalterung.
Ziel dieses Projekts ist die Machbarkeit des Gesamtsystems zu demonstrieren, neue Schaltungsvarianten und Materialkombinationen einzusetzen, um eine kostengünstige Installation zu ermöglichen, bei minimalem Wartungsaufwand in grossen PV-Kraftwerkparks. In diesem Markt und durch die industrielle Fertigung der kompakten Baugruppe, die zugleich Modulhalterung, magnetische Kopplung und das Hochspannungskabel beinhaltet, ist das Potential durch Skaleneffekte gegeben. Die Montagekosten (Montagezeit wird reduziert) und die Wartungskosten (schneller Austausch der Module ohne Anlage abzuschalten) können so deutlich reduziert werden. Zudem braucht es für den Service keine elektrische Expertise. Ausserdem werden die Betriebskosten reduziert, weil jedes Modul einzeln geregelt wird, was die Verluste durch Leistungsunterschiede der Module (Mismatch) eliminiert, die bei normalen Kraftwerken durch das in Serie schalten von Modulen entstehen und die ab der zweiten Dekade der Lebensdauer steigen. Weiter können die Kupfer und Kabelverluste reduziert werden, weil durch die galvanische Isolation die Systemspannung deutlich höher gewählt werden kann. Die Personensicherheit wird dabei noch zusätzlich erhöht. Die Lebensdauer der Module soll verlängert werden, weil es keine Durchführung von elektrischen Leitern zwischen Glas, Laminat, Zelle, Rückfolie und Glas braucht.
Was ist das Besondere an diesem Projekt?
Die Projektidee ist ein fundamental neuer Ansatz der Energieübertragung innerhalb der PV-Systemtechnik. Sie beschränkt sich nicht nur auf den Austausch bzw. Optimierung einer einzelnen Systemkomponente, sondern setzt die Fortentwicklung der PV-Modul Bauart voraus, sowie die darauf abgestimmte neue kontaktlose Anschlusstechnik zum Sammelkabel. Das "State of the Art" PV-System wiederfuhr in den letzten sechs Jahrzehnten keine grundlegende Innovation, was die Serienschaltung der einzelnen Solarzellen im Modul sowie über deren Anschlussleitungen im ganzen Feld hinausgeht. Die hier vorgeschlagene magnetische Leistungsübertragung pro Modul eröffnet ein vollständig neues Feld der PV Systemtechnik vorzugsweise für Grosskraftwerke.
Stand/Resultate
Die DC/AC Umwandlung erfolgt mittels eines Halb-Brücken LLC-Resonanzwandlers. Ein erster Prototyp wurde aufgebaut, getestet und in Betrieb genommen. Der erzielte Wirkungsgrad (inkl. DC/AC Umwandlung, magnetische Übertragung und Gleichtrichter) beträgt 88 % bei einer Übertragungsleistung von über 200 W. Dies kann in einem Nachfolgeprojekt noch gesteigert werden, da noch keine Optimierung der elektrischen Schaltung erfolgt ist. Bei der derzeit realisierten, messtechnischen Validierung ist nur die primäre Planarspule im PV- Modul integriert, der Prototyp des Resonanzwandlers ist extern angeschlossen. Die Miniaturisierung und Integration der Schaltung erfolgt in einem Folgeprojekt, da externes Knowhow nötig ist.
Die magnetische Kopplung erfolgt über zwei Planarspulen, wobei die Primärspule im PV-Modul integriert ist und die andere ausserhalb, konzentrisch zur primären Spule, angebracht wird. Eine wichtige geometrische Grösse ist der Abstand beider Spulen zueinander. Messungen haben gezeigt, dass dieser Abstand nicht zu klein sein darf, da sonst die übertragbare Leistung limitiert wird. Bei der gewählten Schaltungstopologie und den verwendeten Spulen können über 200 W bei einem Abstand von 8 mm übertragen werden. Der Magnetkreis wird aus zwei Ferriten gebildet. Die beiden Kerne werden in die Modulhalterung integriert und liegen hinter der Primärspule und über der Sekundärspule.
Der Wechselstrom aus der Sekundärspule wird durch einen in der Modulhalterung integrierten aktiven Gleichrichter in Gleichstrom umgewandelt. Der aktive Gleichrichter besteht aus vier MOSFETs anstelle der Dioden um die Verluste bei niedriger Spannung zu reduzieren. Das Sammelkabel kann an den Ausgang des Gleichrichters angeschlossen und in die Halterung eingegossen werden.
Die mit dem kontaktlosen Ansatz am ehesten zu vergleichende Technologie am Markt sind jene PV-Systeme mit Leistungselektronik auf Modulebene (Power Optimizer oder Modulwechselrichter). Im kalifornischen Gebäudesektor haben solche Systeme einen Marktanteil von 65 % mit steigender Tendenz. Die wesentlichen Gründe für den hohen und steigenden Marktanteil sind, neben dem gesteigerten Ertrag, sinkende Preise der dezentralen Elektronik, ein geringerer Planungsaufwand und feuerpolizeiliche Regelungen. Diese kommerziellen PV Systeme haben aber keine magnetische Kopplung, sondern sind mit vielen elektrischen Zwischensteckern ausgerüstet.
Die Marktanalyse zeigte, dass die Kosten der PV-Module weniger als 20 % der Gesamtkosten ausmachen. Wesentliche Kostenfaktoren von PV Systemen sind heute Balance of System Komponenten und die Installation. Hier kann die vorgestellte Technologie Vorteile gegenüber heutigen Standardsystemen und solchen mit Power Optimizern oder Modulwechselrichtern bieten. Wir rechnen in der optimierten Version mit einem zusätzlichen magnetischen Übertragungsverlust von ca. 4 % Prozent zu einem Standardsystem, der aber durch die geringeren Kosten der Systemkomponenten durch industrielle Vorfabrikation, der kürzeren Montagezeiten, die verlängerte Lebensdauer der Module und die längeren Wartungszyklen zum wirtschaftlichen Erfolg führen wird.
Nach Rücksprache mit dem BFE, dem Industriebeirat und den potentiellen Industriepartner ist das Ziel, das neue PV-System Konzept in einem technisch/wissenschaftlichen Teil und einem praktischen Teil weiterzuverfolgen.
Im technischen/wissenschaftlichen Teil wird die Miniaturisierung der Leistungselektronik weiterentwickelt. Dazu wird externes Knowhow benötigt, wie das aufkommenden PCB-Herstellungsverfahren «Embedded Component Packaging», bei dem Bauelemente in die PCBs eingebettet werden um eine sehr geringe Bauhöhe des Prints zu erreichen.
Der praktische zweite Teil des Projekts verfolgt das Ziel ein PV-System zu entwickeln, das durch Vorfabrikation von modularen Unterkonstruktionseinheiten mit Klicksystem die Montage- und Installationszeit reduziert. Ein am Markt erhältliches System, das heute schon Wert darauf legt PV-Module effizient zu verlegen, Fehlerquellen zu minimieren und die Unterkonstruktion mit minimalem Aufwand zu montieren, dient als Basis für dieses Projekt. Das Ziel ist es die Verkabelung inkl. Modulwechselrichter, die am Markt erhältlich sind, hinsichtlich der effizienten Installation zu optimieren.
Publikationen
Fabian Carigiet et al.; New PV System Concept – Inductive Power Transfer for PV Modules; In Proceedings of 35th EU PVSEC, Brussels, September 2018
Fabian Carigiet et al.; New PV System Concept – Wireless PV module prototype; In Proceedings of 36th EU PVSEC, Marseille, September 2019
Medienecho
Links
Am Projekt beteiligte Personen
Prof. Dr. Franz Baumgartner, Dozent für Photovoltaik Systeme, ZHAW IEFE
Fabian Carigiet,Wiss. Mitarbeiter, ZHAW IEFE
Raphael Knecht, Wiss. Assistent, ZHAW IEFE
Thomas Baumann, Wiss. Mitarbeiter, ZHAW IEFE
Markus Klenk, Wiss. Mitarbeiter, ZHAW IEFE
Jan Meister, Wiss. Assistent, ZHAW IEFE
Letzte Aktualisierung dieser Projektdarstellung 30.07.2020