Projektbeschreibung
In diesem Projekt sollen zwei schlagkräftige analytisch-chemische Methoden, Massenspektrometrie und Raman-Spektroskopie, für die molekulare Diagnostik auf der Nanometer-Skala entwickelt werden.
Als Plattform dafür wird die nahfeldoptische Mikroskopie (scanning near-field optical microscopy, SNOM) benutzt. Machbarkeitsstudien zur Kopplung von SNOM mit optischer Spektroskopie zur chemischen Analytik (Fluoreszenz, Raman, seltener Infrarot) und – in ganz wenigen Fällen – mit der Massenspektrometrie (MS) wurden bereits in der Literatur beschrieben, jedoch ist deren Anwendung noch mit beträchtlichen technischen Schwierigkeiten verbunden. Deshalb wurden die nötigen Schritte unternommen, damit diese Methoden für den routinemässigen Einsatz zur Beantwortung von Fragen über die chemische/molekulare Zusammensetzung von Nanostrukturen herangezogen werden können, und um sie in die Nähe der Marktreife zu bringen.
Die Forschungsgruppe des Projektleiters hat langjährige Erfahrung mit SNOM und hat viel beachtete, grundlegende Arbeiten zur Kopplung von SNOM mit Raman-Spektroskopie und mit Massenspektrometrie publiziert. Auf dem Gebiet SNOM-Raman sind weltweit einige Forschungsgruppen tätig. In jüngster Zeit erschienen z.T. sehr interessanter Arbeiten, z.B. über Raman-Imaging von Kohlenstoff-Nanoröhren auf der Basis optischer Nahfeld-Effekte. Die Besonderheit unseres hier vorgeschlagenen Ansatzes ist es, eine “aperturlose” Variante von SNOM zu benützen, bei der die Ramanstreuung mit Hilfe eines metallischen Nanopartikels lokal um mehr als 12 Grössenordnungen (!) verstärkt werden soll, um auf diese Art die Entwicklung eines Raman-"Nanoskops" zu erlauben.
Zur Kopplung von SNOM mit Massenspektrometrie gibt es nur sehr wenige Forschungsaktivitäten, obwohl MS von der Empfindlichkeit und der molekularen Spezifizität her eine der aussagekräftigsten analytischen Methoden darstellt. Unser Vorschlag für die Realisation ist es, Laserablation mittels einer SNOM-Sonde bei Atmosphärendruck durchzuführen (ein grosser Vorteil gegenüber Versuchen Anderer, bei welchen ein SNOM-Apparat in die Ionisationskammer des Massenspektrometers eingebaut wurde), und die MS-Analyse mittels chemischer Ioisation und eines hochempfindlichen kombierten Ionenfallen/Flugzeit-Massenspektrometers durchzuführen.
Was ist das Besondere an diesem Projekt?
Das Projekt passt zu den Förderzielen und Kriterien der Gebert Rüf Stiftung, da es einen unkonventionellen Lösungsansatz für ein dringendes technologisch-wissenschaftliches Problem darstellt: die molekulare Diagnostik auf der Nanometer-Skala. Aus volkswirtschaftlicher Sicht kann es eine grosse Wirkung entfalten. Die Absicht des Projektleiters ist es, für die zu entwickelnden Methoden via Patentierungen und Kooperationen mit Firmen gezielt die Kommerzialisierung anzustreben.
Stand/Resultate
Auf dem Gebiet der Nano-Ramanspektroskopie wurde ein invertiertes Laser-Fluoreszenzmikroskop mit einem Raman-Spektrometer und einem AFM kombiniert, um gleichzeitig eine AFM-Spitze über eine Probe zu scannen und optische Spektren beobachten zu können. Nachdem die zuverlässige Arbeitsweise dieser Apparatur überprüft wurde, lag das Hauptaugenmerk der Untersuchungen auf dem Vergleich verschiedener Möglichkeiten, silber-beschichtete AFM-Spitzen oder Spitzen aus Silberdraht zur lokalen Verstärkung von Raman-Signalen herzustellen. Dazu zählen: Aufdampfen von Silber, Aufpicken von Silber-Kolloiden, chemische Deposition (so genannte „Spiegel-Reaktion“), Ätzen oder mechanisches Schneiden von Silberdrähten. Die Optimierung erfolgte anhand von Standard-Proben in Form von dünnen Farbstoffschichten. Für die AFM-Raman-Apparatur konnten durch Aufdampfen von Silber auf kommerzielle AFM-Spitzen körnige Strukturen hergestellt werden, welche Ramansignale verstärken können, wenn die Plasmonenresonanz-Frequenz nahe an der Anregungsfrequenz des Laserlichts liegt. Hier konnte ein Durchbruch erzielt werden, indem durch Verwendung von AFM-Spitzen aus verschiedenen Materialien (Si, SiO2 oder SiN) sowie Aufbringen verschiedener Materialien unter die Silber-Schicht (SiOx, AlF3) die Plasmonenresonanzfrequenz gezielt in Richtung der Anregungsfrequenz verschoben und damit die Feldverstärkung wesentlich erhöht wurde. Dieser Effekt konnte durch Computersimulationen erklärt bzw. bestätigt werden. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass durch Ändern des Winkels zwischen Spitze und Probenoberfläche gezielt verstärkende Teile der Spitze in den Laserfokus gebracht werden können. Durch ein Zusammenspiel dieser Effekte war es möglich, reproduzierbar verstärkende Spitzen mit einer Ausbeute von nahezu 100% herzustellen. Mit diesen Spitzen war es sogar möglich, Nanostrukturen aus Biomolekülen mit geringem Raman-Streuquerschnitt zu untersuchen: das Polysaccharid Alginat und das Protein Cytochrom c. Publikationen hierzu wurden eingereicht bzw. sind in Vorbereitung.
Ein weiterer Ansatz zur Nano-Ramanspektroskopie basiert auf einem STM (scanning tunneling microscope), welches aus Silberdrähten geätzte Spitzen über eine Goldoberfläche rastert. In der nanometergrossen Lücke zwischen Metallspitze und Metalloberfläche konnten noch wesentlich höhere Verstärkungen als mit dem AFM-Raman-Ansatz erreicht werden, was sogar die Beprobung einzelner Moleküle (!) auf der Goldoberfläche ermöglicht. Dieser Ansatz ist zwar auf die Untersuchung leitender Metalloberflächen eingeschränkt, hat aber seinen wesentlichen Vorteil in der hochempfindlichen Analyse weniger Adsorbat-Moleküle und damit Einsatzmöglichkeiten z.B. in der Untersuchung chemischer Katalysevorgänge auf Oberflächen. So konnten gezielt verschiedene Adsorbatspezies von 2-Mercaptopyridin auf einer Goldoberfläche nachgewiesen werden. Computersimulationen trugen zum weiteren Verständnis der Feldverstärkung bei und zeigten z.B. den signifikanten Einfluss topographischer Unebenheiten der Oberfläche auf die Verstärkung, was experimentell belegt werden konnte.
Auf dem Gebiet der Nano-Massenspektrometrie wurde ebenfalls eine Apparatur zusammengebaut und optimiert für die hochempfindliche Detektion der bei Atmosphärendruck erzeugten, neutralen Ablationsprodukte. Die Details dieser Anordnung wurden als Patent angemeldet. Die wichtigsten Elemente dieses spezialisierten Massenspektrometers sind: (i) Sampling bei Atmosphärendruck, (ii) effizienter Transport der neutralen Ablationsprodukte in die Ionisationskammer (Vakuum) bei gleichzeitiger Druckreduktion um mehrere Grössenordnungen, (iii) Ionisation (chemische, Elektronenstoss- und/oder Photoionisation), (iv) Speicherung der gebildeten Ionen in einer Ionenfalle und (v) Massenanalyse in einem Flugzeit-Massenspektrometer. Anhand der Messung leichtflüchtiger Substanzen wurden Optimierungs-Arbeiten der MS-Apparatur durchgeführt. Erste Laserablations-Experimente mit konventioneller Optik zum Fokussieren der Laserpulse wurden an Anthracen-Kristallen durchgeführt. Wurden SNOM-Sonden zum Transport der Laserpulse zur Probenoberfläche eingesetzt, konnten Ablationskrater im Bereich von < 1 µm erzeugt werden. Im Juni 2006 gelang schliesslich der Durchbruch, als bei der SNOM-Laserablation von Anthracen auch das entsprechende Massenspektrum detektiert werden konnte.
Publikationen
R. M. Stöckle, C. Fokas, V. Deckert, R. Zenobi, B. Sick. B. Hecht, and U. P. Wild, High Quality Near-Field Optical Probes by Tube Etching, Applied Physics Letters 1999, 75, 160.
R. Stöckle, Y. D. Suh, V. Deckert, and R. Zenobi, Nanoscale chemical analysis by Tip-enhanced Raman Scattering, Chemical Physics Letters 2000, 318, 131 - 136.
R. Stöckle, P. Setz, V. Deckert, T. Lippert, A. Wokaun, and R. Zenobi, Nanoscale Atmospheric Pressure Laser Ablation - Mass Spectrometry, Analytical Chemistry 2001, 73 1399.
Vannier, C.; Yeo, B. S.; Melanson, J.; Zenobi, R., Multifunctional microscope for far-field and tip-enhanced Raman spectroscopy. Review of Scientific Instruments 2006, 77, (2), 023104.
Yeo, B. S.; Zhang, W.; Vannier, C.; Zenobi, R., Enhancement of Raman Signals With Silver-Coated Tips. Applied Spectroscopy 2006, 60, 1142-1147.
Yeo, B. S.; Schmid, T.; Zhang, W. H.; Zenobi, R., Towards rapid nanoscale chemical analysis using tip-enhanced Raman spectroscopy with Ag-coated dielectric tips. Analytical And Bioanalytical Chemistry 2007, 387, (8), 2655-2662.
Schmid, T.; Yeo, B. S.; Zhang, W.; Zenobi, R., Use of Tip-enhanced Vibrational Spectroscopy for Analytical Applications in Chemistry, Biology, and Materials Science. In Tip Enhancement, Kawata, S.; Shalaev, V., Eds. Elsevier: Amsterdam, 2007; pp 115-156.
Schmid, T.; Schmitz, T. A.; Setz, P. D.; Yeo, B. S.; Zhang, W. H.; Zenobi, R., Methods for molecular nanoanalysis. Chimia 2006, 60, (11), A783-A788.
Cui, X.; Zhang, W.; Yeo, B. S.; Zenobi, R.; Hafner, C.; Erni, D., Tuning the Resonance Frequency of Ag-coated dielectric tips. Optics Express 2007, 15, (13), 8309-8316.
Zhang, W. H.; Yeo, B. S.; Schmid, T.; Zenobi, R., Single molecule tip-enhanced Raman spectroscopy with silver tips. Journal Of Physical Chemistry C 2007, 111, (4), 1733-1738.
Raman identifies single molecules. Trac-Trends In Analytical Chemistry 2007, 26, (3), iv-v.
Zhang, W.; Schmid, T.; Yeo, B. S.; Zenobi, R., Tip-enhanced Raman Spectroscopy Reveals Rich Adsorption Chemistry of 2-Mercaptopyridine on Ag. Israel J. Chem. 2007, accepted for publication.
Zhang, W. H.; Cui, X. D.; Yeo, B. S.; Schmid, T.; Hafner, C.; Zenobi, R., Nanoscale roughness on metal surfaces can increase tip-enhanced Raman scattering by an order of magnitude. Nano Letters 2007, 7, (5), 1401-1405.
Setz, P. D.; Schmitz, T. A.; Zenobi, R., Design and performance of an atmospheric pressure sampling interface for ion-trap/time-of-flight mass spectrometry. Review of Scientific Instruments 2006, 77, (2), 024101
R. Zenobi, T. Schmitz, and P. Setz, Device and Method for Highly Localized Mass Spectrometric Analysis and Imaging, US Provisional Patent Application, 28. Feb. 2005
Medienecho
Links
Am Projekt beteiligte Personen
Letzte Aktualisierung dieser Projektdarstellung 21.12.2018